Geschichte
Wie alles begann
Gründerbericht vom 16. Dezember 1944
Durch die Initiative sportbegeisterter Einwohner wurde am 16. Dezember 1944 die Skiriege als Untersektion des Turnvereins ins Leben gerufen.
Zu diesem Zeitpunkt entwickelte sich der Skisport zu einer Volks-Freizeitbeschäftigung ersten Ranges. Der Skifahrerboom hatte gesamtschweizerisch eingesetzt und die Egerkinger wollten nicht beiseite stehen.
Sie erwarben Jahre nach der Gründung der Skiriege die Mitgliedschaft im Schweizerischen und im Nordwestschweizerischen Skiverband. Damit untermauerten die Verantwortlichen ihren Willen, der Riege ein Rückgrat zu verschaffen, um damit allen Problemen eines jungen Vereins begegnen zu können.
Im Hammersäli trafen sich folgende Skisportbegeisterte zur Gründung der Skiriege TV Egerkingen:
von Arx Gustav
von Arx Max
Baumann Alwin
Bossi Emil
Dobler Arthur
Felber Eduard
Flückiger Arthur
Hädener Kurt
Hammer Pius
Heimann Iwan
Nünlist Othmar
Schürmann Paul
Studer Walter
Skifahren vor 50 Jahren
".......500'000 Schweizer fahren Ski, die meisten von ihnen schlecht und recht. Der grösste Teil dieses Skifahrerheeres ist zufrieden, wenn die Böglein und Schwünge mehr oder weniger gut gelingen," so stand es in der damaligen Illustrierten "Sie+Er". Und was Vorlage bedeutete, das machte das Schweizer Slalom-As Rudolf Rominger vor: "Nur wer bei der Vorlage in sausender Fahrt bei der Schwungeinleitung das Gefühl hat, dass er mit dem Kopf auf den Skispitzen liege, der steht erst richtig auf seinen sausenden Brettern."
Das galt damals sicher nicht für unsere Gründer der Skiriege Egerkingen. Den meisten fehlten schon die unerschwinglich teuren, verleimten Hickory-Skis mit der Top-Bindung Kandahar, bestehend aus einem Kabel-Parallelzug mit Feder im Fersenbereich. Auch Stöcke aus schlankem Meerrohr, oder bereits aus Stahl, tauchten bei der "Gilde der Skikanonen" auf. Selbst mit der Mode hielten sie mit, die weissen oder dunkelblauen waren "in". Eine weisse Dächlimütze und gefütterte Norweger-Handschuhe rundeten das Bild ab.
Bei uns am Fusse des Juras herrschten noch andere Massstäbe! Eschen-Skis aus der Vorkriegszeit, die in einer Skifabrik in Murgenthal beschafft wurde, sowie Telemark-Lederbindungen ohne Tiefzug und schwere, dickstämmige Haselstöcke verlangten einiges mehr an Können auf den kaum gespurten Hängen des Juras. A propos: unsere Hauspisten waren schon in den dreissiger Jahren auf der Blüemlismatt und Flüehmatt. Mühsam war jeweils der Aufstieg in Skischuhen mit glatten Ledersohlen. Als Primarschüler reichte der "Schnauf" oft nur bis auf die Flüehmatt. Auf der Blüemlismatt war besondere Vorsicht am Platz. Im unteren Drittel des Schneefeldes war eine kleine Kiesgrube von etwa 5m Breite und 2m Höhe, die es zu meiden galt. Aber nur zu oft bestimmten die Skier die Richtung und manch einer sah sich mit gebrochenem Stock oder Ski in der Grube liegen.
Zu jener Zeit war es für geübtere Fahrer möglich, von der Blüemlismatt via Ladt-Platz und östlich an der Häuserenmatte vorbei bis zur Flüehmatte hinunter zu fahren. Viele Jahre später als die Technik und die moderne Ausrüstung auch bei uns Einzug hielt, wurde einmal bei tiefem Neuschnee noch die letzte offene Variante per Ski gemeistert: die Flüehfelsen hinab bis ins Flüehloch.
Wer alte Ansichtskarten von Egerkingen betrachtet, kann sehen, dass das "Färcht" damals kaum bewaldet war. Dieser Abschnitt wurde bis in die 50-iger Jahre oft zum Slalomtraining benützt. Stürze waren allerdings an der Tagesordnung. In Erinnerung bleibt ein Sturz von Pauli Schüpbach, der nach dem ersten Schwung sich bis zum ersten Haus in Saltos "übte" unverletzt aufstand und sich mit einigen saftigen Hegiflächen nach Hause verabschiedete.
Skitouren-Ausflüge in die Alpen oder in den westlichen Jura wurden meines Wissens zu jener Zeit nicht gemacht. Autos gab es nur wenige, die Bahnfahrt was zu teuer und mit dem Fahrrad die Reise zu weit und mühsam. Ja, damals sah man noch oft Skifahrer mit am Velo befestigten Skis und Stöcken und umgehängtem Rucksack durchs Entlebuch oder Engelbergertal radeln.
Woher schöpften wir Jungen zu dieser Zeit die Begeisterung für den Skisport? Die Quellen waren mannigfaltig. Sicher spielte schon früh das Radio eine wichtige Rolle. Wie begeisterten doch damals die Sportreportagen vom unvergesslichen Vico Rigassi und anderen Reportern über Skirennen in Mürren, Wengen oder St. Moritz oder über die Skispringen in Langenbruck auf der Erzenbergschanze, wo der Norwegische Skikönig Birger Ruud der übrigen Weltelite, zu denen auch die Schweizer Paterlini, Badrutt und andere mehr zählten, davonflog. Zu Fuss stapften wir bei hohem Schnee stundenlang über den Berg um bei bitterer Kälte mit nagelnden Zehen und Fingern die "segelnden" Männer der Lüfte zu bestaunen.
Und als Lohn gab es dann im Gasthof Bären unter Propeller von Bider dem Flieger die wohlverdiente, heisse Ovomaltine mit Nussgipfel. Eines Nachts wurde der Rückweg gepfadet, der Schnee knirschte, als pötzlich zwei Wildschweine von den Felsen herunterstürzten, meinen Vater und mich beinahe überrannten. Fast wäre der schöne Traum vom Skifliegen auf den Hauern der Wildschweine zerbrochen. Noch Wochen war der Birger Ruud der Gesprächsstoff für uns Jungen auf dem Schulweg.
Und dann brach der zweite Weltkrieg aus. Die Sportreportagen von Skirennen blieben aus, viele der internationalen Rennfahrer, wie Allais, der Weltmeister von Engelberg, Jennwein, Cranz, rückten als Alpenjäger oder chasseur alpin an die Front ein, um in den meisten Fällen nicht mehr wiederzukehren. Gerade der Krieg war es, der uns damals den Skisport noch auf andere Art näherbrachte. In Finnland kämpften die einheimischen Skitruppen heldenhaft gegen die Russen und kesselten auf ihren Langlaufskis ganze Divisionen ein. Ein Film über diesen Krieg lief wochenlang in den Kinos und das Schweizervolk fieberte vor jeder Schlacht mit den Finnen.
Die sportlich-militärischen Tätigkeiten wirkten sich ebenfalls auf den Schulsport aus. In den Bezirksschulen wurden die ersten Skilager organisiert. Pius Hammer, Bezirkslehrer und Gründungsmitglied der Skiriege, scheute keine Mühe, den Skisport unzähligen Schülern in Lagern auf Melchsee-Frutt, in Adelboden und vieler Orte mehr, näher zu bringen. Auch einige Mitglieder der Skiriege profitierten als Hilfsskilehrer von seinem Können.
Aus den bescheidenen Anfängen von damals ist heute ein grosser, vielseitiger Skiclub geworden, und schaut man auf die Pisten, fährt die überwiegende Mehrheit elegante "Böglein und Schwünge" ohne "den Kopf auf die Skispitzen zu legen!"
Iwan Heimann